Beratungsstelle gegen sexuellen Missbrauch soll fortgeführt werden
"Für mich ist Kindesmissbrauch Mord an einer kleinen Seele", sagt die Frauen- und Familienbeauftragte des Bodenseekreises, Veronika Wäscher-Göggerle. "Kindesmissbrauch ist eine schwerwiegende Verletzung der Menschenwürde und ein schwerwiegendes Verbrechen." Sie ist froh, dass der Kreistag sich für die Verstetigung der Beratungsstelle Morgenrot ausgesprochen hat. "Wir können Kinder nicht vor Gewalt und Missbrauch schützen, das passiert hinter zugezogenen Gardinen. Und wenn wir das schon nicht können, dann glaube ich, dass wir wenigstens eine adäquate Beratung brauchen." Die Mitarbeiter der Beratungsstelle seien hervorragend ausgebildet. "Es ist so wichtig, dass Missbrauch aufgefangen werden kann." Das sieht auch die Leiterin des Jugendamts, Simone Schilling, so - und die Mitglieder des Kreistags: Mit einer Gegenstimme votierte das Gremium für die Weiterführung des im Mai 2016 gestarteten Projekts, das befristet bis 30. April 2018 eingerichtet war. "Das Projekt wurde 2015 hier beschlossen, in einer hälftigen Kostentragung zwischen der Stadt Friedrichshafen und dem Kreis, die Kosten liegen pro Jahr bei 190.000 Euro, der Anteil des Kreises ist die Hälfte", sagte Simone Schilling. Der Gemeinderat Friedrichshafen berät am Montag über das Thema. Seit Mai 2016 hatte die Beratungsstelle in 72 Fällen geholfen.
Auch die Fraktionen meldeten sich zu Wort: "Die CDU stimmt weiterhin zu", sagte Joachim Böttinger. "Sexueller Missbrauch ist nicht nur ein schändliches, sondern auch ein sehr sensibles Thema mit einer hohen Dunkelziffer." Mit der Beratungsstelle verfolge man zwei Ziele: dass es gelingt, vielen Betroffenen zu helfen und dass im Vorfeld sexuelle Missbräuche vermieden werden können.
Dagmar Hoehne (FWV) sagte: "Wir haben das Thema damals in der Stadt eingebracht und sind dankbar, dass alle mitgegangen sind. Die Beratungsstelle hat sich bewährt und leider hat sich auch die Notwendigkeit gezeigt."
Auch die SPD befürwortete "das dringend notwendige Projekt", wie Dieter Stauber es nannte und richtete einen Wunsch gen Westen: "Fair und angebracht wäre es, wenn Überlingen auch eine Beteiligung leisten würde." Die Kostenbeteiligung war angefragt worden, die Antwort steht noch aus. Auch die FDP "stimmt gerne zu", wie Gerlinde Ajiboye-Ames sagte. Christa Hecht-Fluhr (Grüne) fragte, ob auch Menschen in die Beratungsstelle kamen, die fälschlicherweise des Missbrauchs bezichtigt wurden. Simone Schilling erwiderte, dass unter den 72 Fällen einer gewesen sei, der sich als Falschbezichtigung herausgestellt habe. "Auch das spricht für die Beratungsstelle, denn da haben die Fachkräfte ganz viel Erfahrung."
Bei allen Befürwortungen: Eine Gegenstimme gab es - von Wilhelm Beiter (CDU). Der begründete sein Nein auf Nachfrage des SÜDKURIER in einem Telefongespräch so: "Grundsätzlich ist das ein wichtiges Thema, aber hinsichtlich der Kosten finde ich, dass da mit großen Summen zu locker umgegangen wird." Umgerechnet seien das 3000 Euro je Beratung. Das Nein sei ihm bei dem sensiblen Thema nicht leichtgefallen und wenn er das Zünglein an der Waage gewesen wäre, hätte er wohl auch anders gestimmt. "Ich finde, das Thema ist wichtig, aber wenn da gar niemand mehr Nein sagt, dann ist das auch nicht in Ordnung, wir müssen mit Steuergeldern umgehen." Mit Beiters Rechnung konfrontiert, erklärte Nadine Larisch, persönliche Referentin des Landrats, dass die Beratungsstelle zahlreiche Aufträge bearbeite - auch in der Prävention. "Ein Beratungsfall ist ein betroffener junger Mensch. Die Beratungsintensität, -häufigkeit und -dauer sowie die Anzahl der zu beratenden Menschen im Umfeld ist in dieser Angabe nicht abgebildet. Es sind in jedem dieser Fälle in der Regel mehrfache Gespräche mit unterschiedlichen Personen über einen längeren Zeitraum zu führen." Larisch: "Nach so kurzer Zeit ist dies bereits ein sehr hoher Wirkungsgrad und ein sehr respektables Ergebnis."
(Artikelveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Südkurier)